Jobverlust durch Melkmaschinen – für Norwegerinnen ein Segen

Künstliche Intelligenz, autonome Fahrzeuge oder smarte Roboter verändern die Arbeitswelt rasant. Viele Menschen haben Angst, künftig von Maschinen ersetzt zu werden. Eine Studie des Mannheimer Professors Philipp Ager zeigt jedoch, dass der Karriere-Ausblick nicht negativ sein muss.
Das Melken von Hand war traditionell eine Aufgabe für junge Frauen in der Landwirtschaft. Diese Landarbeiterinnen wurden in den 1950er Jahren zu Hunderttausenden durch die Einführung von Melkmaschinen verdrängt. „Das war ein echter Technologieschock“, sagt Prof. Philipp Ager, Ph.D. vom EPoS Economic Research Center. Ager hat den Lehr­stuhl für Angewandte Makroökonomik an der Universität Mannheim inne. „Wir haben die Folgen und Berufswege der Arbeiterinnen über einen Zeitraum von 40 Jahren untersucht. Anfangs zahlten die Frauen tatsächlich einen hohen Preis: Sie verloren ihren Arbeits­platz und wurden sogar komplett aus der Landwirtschaft verdrängt. Die Analyse zeigt aber auch, dass die Betroffenen langfristig profitiert haben.“

Investitionen in Bildung entscheidend
Der Grund: Die betroffenen Frauen zogen in die norwegischen Städte und investierten in ihre Bildung. Später, im mittleren Alter, hatten sie dann höher qualifizierte Arbeits­plätze und ein besseres Einkommen als Frauen, die nicht verdrängt worden waren. „Wichtig ist, dass diese positive Entwicklung ohne die anfängliche Investition in bessere Bildung nicht möglich gewesen wäre“, sagt Ager.

Männer blieben auf dem Land
Im Unterschied zu den jungen Frauen wurden die Männer durch die neue Melk-Technologie nicht verdrängt und blieben zumeist in ländlichen Gebieten. Diese Entwicklung trug dazu bei, das Einkommensgefälle zwischen den Geschlechtern in Norwegen zu verringern. Ein weiterer positiver Effekt für die Wirtschaft: Da die Frauen in die Städte zogen, gingen die Arbeits­kräfte stärker in die Wirtschafts­sektoren, wo große Nachfrage herrschte. In den Städten gab es in dieser Zeit ein großes Arbeits­angebot. Die Wirtschaft war im Umbruch und wuchs rasant, vor allem das verarbeitende Gewerbe und der Dienstleistungs­bereich. Diese wirtschaft­liche Dynamik ist neben dem Faktor „Weiterbildung“ dafür verantwortlich, dass die ursprünglich verdrängten Frauen im Durchschnitt langfristig profitierten.

Parallelen zur aktuellen KI-Debatte
„Unsere Ergebnisse weisen einige Parallelen zur heutigen Debatte über die Einführung hochentwickelter Technologien wie künstliche Intelligenz, selbstfahrende Fahrzeuge und Industrieroboter auf“, sagt Ager. „Es gibt die Sorge, dass die neuen Technologien – genau wie seinerzeit die Melkmaschinen – traditionelle Arbeits­plätze ersetzen könnten. Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die künftig benötigten Fähigkeiten zuvermitteln. Die Politik und Unternehmen sollten die Menschen dabei unterstützen, sich rechtzeitig auf die Veränderungen in der Arbeits­welt vorzubereiten.“

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